Aktuelle und historische Gründe für die Unterschriftensammlung unter den Berliner Appell

„Die Spirale der Gewalt beenden – Für eine neue Entspannungspolitik!“

Ukraine-Konflikt 2015: Krieg verhindern durch Entspannungspolitik!

Während die Menschen in den Konfliktgebieten der Ukraine unter dem Blutvergießen durch eskalierende militärische Gewalt seit Anfang des Jahres immer mehr litten, propagierten Interessengruppen in den USA und einigen EU-Ländern Kampagnen für westliche Waffenlieferungen und Militärausbilder in die vom Bürgerkrieg, Korruption und ökonomischem Niedergang zerrüttete Ukraine.

Ihre Begründung: die - auch aus unserer Sicht völkerrechtswidrige - „militärische Intervention Moskaus“ in der Ost-Ukraine. Aber sollten sie sich politisch durchsetzen, droht nicht nur mehr Leid und Tod für die Menschen in den Konfliktgebieten, sondern schlimmstenfalls die weitere Eskalation des Ukraine- Konfliktes bis zu einen nicht mehr begrenzbaren Krieg in Europa unter Beteiligung der beiden atomaren Supermächte USA und Russland.

In der Situation war die deutsch-französische Initiative für das Minsker Abkommen vom 12.02.2015 ein wichtiger Schritt zum Anhalten der Gewaltspirale!

Herbst 1969 – 1989 das Vermächtnis von Willy Brandts Entspannungspolitik

Angesichts dieser akuten Gefahren diskutierten wir mit einer Reihe von Kollegen wie Wolfgang Biermann, Peter Brandt und Wolfgang Wiemer über Lehren aus der deutschen Entspannungspolitik für die heutige Situation. Denn der von Bundeskanzler Willy Brandt und seinen Nachfolgern verfolgten Politik der Zusammenarbeit haben wir zu verdanken, dass die Konfrontation zwischen Ost und West, mit einst tausenden von Atomwaffen und hunderttausenden Soldaten allein auf deutschem Boden, vermieden und der Kalte Krieg beendet wurde. Deshalb erinnern wir daran:

Im Oktober 1969 bekräftigte Willy Brandt in seiner Regierungserklärung die Entschlossenheit, „ an einer europäischen Friedensordnung mitzuarbeiten“ und die „Bereitschaft zu verbindlichen Abkommen über den gegenseitigen Verzicht auf Anwendung und Androhung von Gewalt auch gegenüber der DDR“.

Damit leitete die Regierung Brandt/Scheel – nur ein Jahr nach der Moskauer Militärintervention in der CSSR im August 1968 – die Wende der deutschen Außenpolitik zur Entspannungspolitik ein. Sie begann in Moskau und nahm anschließend die Aussöhnung mit Polen und der damaligen Tschechoslowakei in den Blick, um durch Verständigung miteinander gegenseitiges Misstrauen und Unsicherheit abzubauen und Vertrauen und Sicherheit mithilfe verbindlicher Verträge und Vereinbarungen aufzubauen.

Im Herbst 1971 verlieh das Nobelkomitee den Friedensnobelpreis an Willy Brandt mit der Begründung, dass er „als Chef der westdeutschen Regierung und im Namen des deutschen Volkes die Hand zu einer Versöhnungspolitik zwischen alten Feindländern ausgestreckt“ hatte. Damals waren die Erfolge der Entspannungspolitik noch längst nicht absehbar. Aber danach wurde sie von allen Ländern Europas und Nordamerikas unterstützt und trug schließlich zur Verabschiedung der 1975 in Helsinki unterzeichneten Schlussakte der Konferenz für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (KSZE) bei.

Damit hatte die 1969 begonnene Entspannungspolitik die politischen und völkerrechtlichen Voraussetzungen dafür geschaffen, dass bereits 20 Jahre später die Menschen friedlich den Fall der Mauer durchsetzen und die Vereinigung Deutschlands und Europas einleiten konnten. Das Ergebnis der Entspannungspolitik besiegelten im Dezember 1990 alle Regierungschefs Europas und Nordamerikas mit ihrer Unterschrift unter die „Charta von Paris für ein neues Europa“ (OSZE- Gründung) und den Satz: „Das Zeitalter der Konfrontation und der Teilung Europas ist zu Ende gegangen.“

Mit anderen Worten: Willy Brandts Begründung für die Entspannungspolitik bei der Nobelpreisübergabe in Oslo am 11.12.1971 – „Krieg ist nicht die ultima ratio, sondern die ultima irratio“ – war im Sinne seiner „Realpolitik für den Frieden“ Wirklichkeit geworden. Er hatte diesen Satz sehr grundsätzlich verstanden: Erst recht galt er damals wie heute für die Vermeidung der direkten Konfrontation der Atommächte USA und Russland! – Oder wie er später sagte: „Der Frieden ist nicht alles, aber ohne Frieden ist alles nichts!“.

Vor diesem Hintergrund unterstützen wir mit Nachdruck die Bemühungen der Bundesregierung um eine diplomatische Lösung und ihren Widerstand gegen Waffenlieferungen in die Ukraine. Wir wissen auch, dass zur Beendigung der Gewaltspirale und für eine Politik der guten Nachbarschaft die Bereitschaft zur Zusammenarbeit von und mit allen Konfliktbeteiligten gehört.

Dezember 2014 „Wieder Krieg in Europa? – Nicht in unserem Namen“

25 Jahre nach der Charta von Paris befinden wir uns erneut vor der damals beendeten Konfrontation und Teilung Europas mit dem Risiko, dass die neue Konfrontation mit Russland nicht nur zu neuen Mauern, sondern auch zu einem Flächenbrand führen kann, wenn es nicht gelingt, durch Verhandlungen und Verständigung die Eskalation der militärischen Gewalt in der Ukraine zu stoppen.

Deshalb veröffentlichten im Dezember 2014 rund 60 Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens in Deutschland eine Erklärung mit dem Titel „Wieder Krieg in Europa? – Nicht in unserem Namen“ – darunter viele, die in verantwortlicher Position mithalfen, die 1969 begonnene Entspannungspolitik umzusetzen. Die Unterzeichner warnen, dass „der unheilvollen Spirale aus Drohung und Gegendrohung Einhalt geboten werden“ müsse, damit nicht Nordamerika, die EU und Russland in einen Krieg treiben. Sie wurden für ihre Mahnungen in einigen Medien als „Russlandversteher“ oder „Entspannungsromantiker“ abgetan.

Bis Anfang Februar 2015 haben weitere prominente Persönlichkeiten die Erklärung unterzeichnet und nun ins Internet mit weiteren Informationen, Presseberichten usw. gestellt: http://www.nichtinunseremnamen.de/aufruf.html

Friedensinitiativen der Politik unterstützen!

Ihre Warnungen vor der Gefahr einer Eskalation des Ukraine-Konfliktes in einen europäischen Krieg hatten sich als dramatisch real herausgestellt. Deshalb ergriff die Bundeskanzlerin gemeinsam mit dem französischen Präsidenten die Friedensinitiative gegenüber dem russischen und ukrainischen Präsidenten, deren Ergebnis das am 12.02.2015 in Minsk von den vier unterzeichneten Abkommen über den Waffenstillstand und Abzug schwerer Waffen als ersten Schritt zu Verhandlungen über eine Friedenslösung war. Deshalb stellen wir fest:

• In dieser Situation verdient die Bundesregierung volle Unterstützung für ihre diplomatischen Bemühungen zum Stopp der Gewalt sowie ihre erneute Klarstellung, dass es keine militärische Lösung der Auseinandersetzung in der Ukraine geben kann und dass Waffenlieferungen nur dazu beitragen können, den Ukraine-Konflikt zu einem internationalen Krieg zu eskalieren. Alle Versuche, das Minsker Abkommen zu untergraben, müssen energisch zurück gewiesen werden.

• Wir unterstützen alle Anstrengungen, die Spirale der Gewalt zu beenden. Dazu zählen die Initiativen des Bundesaußenministers zur Stärkung der OSZE bei der Vermittlung zwischen den Kriegsparteien und Überwachung des von Deutschland, sowie das erwähnte Minsker Abkommen über einen Waffenstillstand und Verhandlungen über eine friedliche Lösung des Ukraine-Konfliktes. Die Ukraine muss endlich die Chance erhalten, nicht „Zankapfel“ sondern Brücke zwischen Ost und West zu werden!

• Wir begrüßen, dass die SPD mit ihrem Beschluss vom 08.02.2015 für „eine neue Ost- und Entspannungspolitik“ ein klares Nein zu Waffenlieferungen in die Ukraine formuliert, sich für eine Politik der Kooperation mit Russland und der Ukraine, für „gesamteuropäische politische, wirtschaftliche und Sicherheitsstrukturen“ einsetzt sowie einen Kongress „Die Strategie des Friedens – Für eine neue Ost- und Entspannungspolitik“ plant. Wir erwarten von der SPD auch die Beteiligung der Zivilgesellschaft an dieser Konferenz.

• Wir hoffen, dass weitere politische und gesellschaftliche Gruppen wie auch die Konferenzen der Friedensbewegung – z.B. ihre Strategiekonferenz am 28.02.2015 in Hannover – sich für eine neue Entspannungspolitik einsetzen und dazu beitragen, dass die Ukraine die Chance und Unterstützung erhält, sich friedlich vom „Zankapfel“ zur Brücke zwischen Ost und West zu entwickeln.

Gemeinsam mit der Zivilgesellschaft für Friedenspolitik mobilisieren!

Angesichts der Ukraine-Krise, Konfrontation und Kriegsgefahr ist die Zivilgesellschaft mehr denn je gefordert! Deshalb unterstützen wir die Initiative „Wieder Krieg in Europa? – Nicht in unserem Namen“ mit unserer Unterschrift unter den Berliner Appell Die Spirale der Gewalt beenden – Für eine neue Friedens- und Entspannungspolitik !

In diesem Sinne bitten wir Euch, beiliegenden Berliner Appell zu unterzeichnen und weitere Unterstützer zu gewinnen.

Mit solidarischen Grüßen

Andreas Buro, Ulrích Frey, Gabriele Witt, Burkhard Zimmermann


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