Evangelische Kirche in Deutschland (EKD)

EKD-Friedensbeauftragter: Sola pax und sola spes

Renke Brahms. Foto: BEK Dembski

25.01.2017 – Das Reformationsjubiläum ist nach Ansicht des Friedensbeauftragten des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Renke Brahms, ein guter Anlass, sich des reformatorischen Erbes, wozu die Entdeckung des Friedensauftrages der Kirchen gehöre, zu erinnern. Und dazu gehört für Brahms, den vier Grundprinzipien der Reformation, dem solus Christus, dem sola scriptura, dem sola gratia und dem sola fide (Allein Christus, allein die Schrift, allein aus Gnade und allein der Glaube) heute ein „sola pax“, ein allein der Frieden, hinzuzufügen.

Müssten wir nicht angesichts des reformatorischen Erbes, der Überwindung von jeglichen Vorstellungen eines gottgewollten Krieges mit dem ökumenischen Weg seit 1948, wonach Krieg nach Gottes Willen nicht sein soll, der modernen Waffensysteme und den Herausforderungen einer komplexen Welt und angesichts der Bedeutung des Friedens in der Bibel und dem Bekenntnis zu Christus, der unser Friede ist, nicht dies bekennen?“, fragte der EKD-Friedensbeauftragte bei einer Studientagung in der Evangelischen Akademie in Wittenberg.

Die reformatorischen Kirchen seien einer Linie verpflichtet, die Krieg als „Geißel der Menschheit“ vermeiden müsse, betonte Renke Brahms in Wittenberg. Dabei müsse der Vorrang der Gewaltfreiheit betont und alle Mittel eingesetzt werden, um den Frieden vorzubereiten. Und dabei müsse von der Mitte der reformatorischen Erkenntnis und Botschaft ausgegangen werden. „Was bedeutet die Rechtfertigung des Menschen als Sünder für den Frieden?“, laute die entscheidende Frage, macht der EKD-Friedensbeauftragte klar.

Dass Gott aus freier Gnade den Sünder gerecht macht und nicht auf dessen eigener Sündenbefreiung durch Leistung setzt, ist der Dreh- und Angelpunkt der reformatorischen Rechtfertigungsbotschaft“, verdeutlichte Brahms, der auch der Leitende Geistliche der Bremischen Evangelischen Kirche ist. Die Rechtfertigungslehre Luthers sei nicht nur eine individuelle, sondern sie habe auch eine soziale und politische Dimension, die es in den Blick zu nehmen gelte. Auch erstaune ihn, dass das Augsburger Bekenntnis, eine grundlegende lutherische Bekenntnisschrift, betone, dass Christen ohne Sünde auch rechte Kriege führen könnten. „Eine deutlich kritischere Auseinandersetzung mit diesen Formulierungen steht noch aus“, mahnte Brahms mit Nachdruck. Dass betreffe auch die Verwerfungen der Friedenskirchen, fügte er hinzu.

Das Grundprinzip solus Christus bekenne, dass allein Christus der Friede sei, machte der EKD-Friedensbeauftragte deutlich. So male der Epheserbrief das Bild einer Friedenskirche. „Wenn der Frieden ein Kennzeichen der Kirche ist, muss das Bestreben der Kirche heute sein, eine Kirche des gerechten Friedens zu werden“, unterstrich Brahms. Und wer sich allein auf die Schrift berufe, müsse erkennen, dass die Bibel eine deutliche Tendenz zur Gewaltüberwindung zeige. „Die Konsequenz daraus kann nur heißen: Friedenstheologie verstärken!“ Denn: „Wenn Frieden ein zentrales Thema der Bibel und der Kirche ist, dann ist es auch ein zentrales Thema der Theologie“, so der EKD-Friedensbeauftragte.

Angesichts der Konflikte in der Welt und einer gewissen Resignation müsse nun eigentlich eine neue Theologie der Hoffnung geschrieben werden, bekannte Renke Brahms in Wittenberg. „Kann die Besinnung auf biblische Texte in Sinne der Reformation und die Besinnung auf reformatorische Erkenntnisse dazu helfen, neue Hoffnung zu entfachen?“, fragte der EKD-Friedensbeauftragte und meinte überzeugt: „Wenn, dann würde noch ein zusätzliches sola dazu gehören, ein sola spes – allein die Hoffnung.“

Wie Lebensformen des Friedens in gesellschaftlichen Umbrüchen aussehen können, zeigten beim Studientag der frühere Leipziger Superintendent und frühere Vorsitzende der Aktion Sühnezeichen in der DDR, Friedrich Magirius, und Alexander Linke von der Gemeinschaft Sant´Egidio. Gottesdienst, Gebet und Gottes Wort standen und stehen dabei im Mittelpunkt, machten beide deutlich. Dazu gehörten die Friedensgebete in Leipzig vor und während der friedlichen Revolution in der ehemaligen DDR oder die Friedensgebete in Assisi, an denen die Gemeinschaft Sant´Egidio maßgeblich beteiligt ist. „Das Weitergeben des Evangeliums und des Wortes Gottes unterstützt den Aufbau einer Friedensbewegung“, bekannte Alexander Linke. Und Friedrich Magirius betonte: „Die Gebete haben uns Kraft gegeben.“

Aber auch soziale Praktiken können dabei helfen, dass der gerechte Frieden gelebt und getan wird, betonte der emeritierte Erlanger Theologe Professor Dr. Hans-G. Ulrich auf dem Studientag in Wittenberg. „Friedensethik ist Friedenspraxis“, unterstrich er in der Evangelischen Akademie. Es gebe immer soziale Praktiken, durch die Gerechtigkeit erscheine und sie hätten ihren genuinen Ort in den Gemeinden, betonte Ulrich. Soziale Praktiken wie die Diakonie, das Gebet, der Gottesdienst, eine Diskurs- oder eine Versöhnungspraxis gebe es als Vielzahl in der Welt. „Wenn wir uns das vor Augen führen und das alles bewusst wahrnehmen, dann zeigt uns das schon jetzt die Wirklichkeit einer globalen Friedenskirche“, machte der Theologe deutlich.

Frieden ist des Menschen Berufung. Der Friedensauftrag von Kirche und Gesellschaft“, so lautete das Thema des zweitägigen Studientages an der Evangelischen Akademie Sachsen-Anhalt in Witttenberg, zu dem die Akademie gemeinsam mit der Konferenz für Friedensarbeit im Raum der EKD eingeladen hatte.


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