DIHK-Präsident Hans Heinrich Driftmann

Bundeswehr soll Handelswege freihalten

29.08.2010 – Zu den neuen Aufgaben der Bundeswehr gehöre auch die Wahrung der wirtschaftlichen Interessen, sagte der Präsident des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK), Hans Heinrich Driftmann, dem Nachrichtenmagazin Focus. Für den Exportvizeweltmeister Deutschland "wäre es eine Katastrophe, wenn die Handelswege, insbesondere nach Südostasien dauerhaft eingeschränkt oder bedroht wären", sagte Driftmann. "Die dürfen wir nicht Piraten überlassen."

Die USA hätten seit der Finanzkrise als Absatzmarkt für die deutsche Wirtschaft an Bedeutung verloren. "Stattdessen engagieren wir uns jetzt stärker in Südostasien und Teilen Südamerikas", sagte Driftmann. "Wenn also die Schifffahrts- und Handelswege dorthin nicht mehr sicher sind, was glauben Sie, was wir hierzulande für Probleme bekommen", sagte der DIHK-Präsident.

Diese Probleme seien nicht nur "wirtschaftliche, sondern auch haushaltspolitische, arbeitsmarktpolitische und gesamtgesellschaftliche", sagte Driftmann. "Auch für diese Aufgabe brauchen wir die Bundeswehr." Driftmann hatte vor seinem Eintritt in das Unternehmen der Familie seiner Frau bei der Bundeswehr und im Verteidigungsministerium Karriere gemacht und ist Vize-Vorsitzender der Expertenkommission zur Reform der Bundeswehr.

Pressebericht "Zeit-online"

s.a.: DIW-Studie: Piraten lassen sich nicht abschrecken

Leserzuschrift

Der große Irrtum des Bundesverfassungsgerichtes

aixpaix-Leser Ralph Knauf aus Mönchengladbach schreibt:

Katastrophal in seinen Folgen ist seine so genannte Out-of-Area-Entscheidung vom 12.7.1994. Mit dieser Entscheidung wurde der Weg zum weltweiten bewaffneten Einsatz der Bundeswehr ermöglicht und eine verhängnisvolle Militarisierung und Bellizierung der deutschen Außenpolitik eingeleitet, die schon mehreren Dutzend deutschen Staatsbürgern das Leben kostete.

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Leserzuschrift

UNO-Resolutionen können als Rechtsgrundlage für einen bewaffneten Einsatz der Bundeswehr nicht herangezogen werden

aixpaix-Leser Ralph Knauf aus Mönchengladbach schreibt:

Wenn Frau Merkel in ihrer Regierungserklärung sagt: „Dieses Mandat ist über jeden vernünftigen völkerrechtlichen oder verfassungsrechtlichen Zweifel erhaben.“ Und Herr Gabriel sekundiert, dass wir ja im Auftrag der UNO in Afghanistan seien, ist folgendes zu erwidern:

Ja, wir haben ein Mandat des UN-Sicherheitsrates. Der UN-Sicherheitsrat kann aber nur Recht sprechen, wenn er als neutraler Schiedsrichter wahrgenommen wird und als solcher anerkannt ist. Dies ist nicht der Fall. Er tritt als Anwalt seiner Mitglieder auf.

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Otmar Steinbicker

Wozu soll eine Bundeswehr dienen, die nicht der Verteidigung dient?

Kolumne in den "Aachener Nachrichten"

Als Verteidigungsminister zu Guttenberg sein Amt antrat, bestimmte die Kundus-Affäre um bombardierte Tanklastzüge in Afghanistan die militärpolitische Debatte. Deutschland hatte zum ersten Mal seit Ende des Zweiten Weltkriegs ein Massaker an Zivilisten aufzuklären! Die Untersuchungen dazu sind noch längst nicht abgeschlossen.

Doch 20 Jahre nach dem Ende des Kalten Krieges muss die Frage grundsätzlich gestellt werden: Braucht Deutschland noch die Bundeswehr?

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Beilage zu Wissenschaft und Frieden 1/2009, herausgegeben von der Informationsstelle Wissenschaft und Frieden

Krisenlösung durch Intervention?

von Lena Jöst, Werner Ruf, Peter Strutynski und Nadine Zollet

Über Auslandseinsätze der Bundeswehr wird in der Friedensbewegung, in Politik und Gesellschaft immer wieder intensiv diskutiert. Kann Militär zu Konfliktlösungen beitragen? Sind Kriegseinsätze im Fall von Völkermord sinnvoll und zulässig?

Die Kasseler Wissenschaftler Lena Jöst, Werner Ruf, Peter Strutynski haben unlängst ein Dossier dazu erarbeitet. Hier ihre wichtigsten Schlussfolgerungen:

Sechs Empfehlungen

• Blauhelmeinsätze können unter bestimmten Umständen pazifierend sowohl bei zwischenstaatlichen als auch bei innerstaatlichen Konflikten wirken. Voraussetzung hierfür ist das – ohnehin zwingend vorgeschriebene – Einverständnis der Konfliktparteien und die Neutralität der UNO-Truppen. Letzteres schließt die Teilnahme von Truppen der Großmächte aus. Der Praxis, sich beim UN-Sicherheitsrat ein den eigenen Möglichkeiten und politischen Zielen angepasstes „robustes Mandat“ zu bestellen (Beispiel Libanon-Einsatz der Bundeswehr, Kongoeinsatz) muss ein Riegel vorgeschoben werden.

Wer es ernst meint mit einer völkerrechtskonformen und auf Deeskalation orientierten Militärpolitik, sollte den Vereinten Nationen Blauhelmkontingente zur Verfügung stellen. Nicht nur von Fall zu Fall, sondern ständig. Dies können Einzelstaaten wie die Bundesrepublik tun, aber auch die Europäische Union, die dann auf einen eigenen „militärischen Arm“ im Sinne der Europäischen Sicherheitsstrategie verzichten könnte.

Dies setzt allerdings voraus, den Art. 47 der UN-Charta endlich mit Leben zu füllen. Darin heißt es in den Absätzen 1 und 3: „(1) Es wird ein Generalstabsausschuss eingesetzt (...)“

„(3) Der Generalstabsausschuss ist unter der Autorität des Sicherheitsrats für die strategische Leitung aller dem Sicherheitsrat zur Verfügung gestellten Streitkräfte verantwortlich. (...)“ Dieser Generalstabsausschuss ist in der 63-jährigen Geschichte der Vereinten Nationen nie gebildet worden. Aus diesem Grund meinte auch der letzte Generalsekretär, Kofi Annan, in seinem Reformpapier den Artikel 47 aus der UN-Charta zur Streichung vorschlagen zu müssen (Annan 2005, S.69f). Ein Weg, der auf keinen Fall beschritten werden sollte, weil er die Durchführung von militärischen Aktionen ausschließlich den Einzelstaaten überantwortet.

• Sowohl aus der Völkerrechtsperspektive als auch aus den Ergebnissen der empirisch gestützten Fallbeispiele geht u.E. hervor, dass Militärinterventionen kein Mittel der internationalen Politik sein können. Die Fälle, in denen militärische Erzwingungsmaßnahmen zulässig sind, sind außerordentlich selten und in aller Regel ohnehin durch das Recht auf individuelle oder kollektive Selbstverteidigung gedeckt. Und selbst diese Maßnahmen finden ihre Grenzen sowohl im Kriegsvölkerrecht als auch in der Zuständigkeit des UN-Sicherheitsrats für Fragen des Weltfriedens.

• Für die politische Praxis ergibt sich daraus zunächst allergrößte Skepsis gegenüber allen Zumutungen der veröffentlichten Meinung und der herrschenden Politik, humanitäre Hilfe, Menschenrechte, insbesondere Rechte von Frauen und Kindern, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit mit Waffengewalt in alle Welt zu exportieren. Ein solcher Export ist erstens völkerrechtlich nicht zulässig und zweitens in der Praxis offensichtlich nicht von Erfolg gekrönt (vgl. hierzu Strutynski 2007). Eine Schutzverantwortung der Staaten, wie sie von den Vertretern der „Responsibility-to-Protect“-Doktrin ins Spiel gebracht wurde, macht Sinn vor allem als zivile präventive Politik, nicht aber als Militärinterventionismus.

• Kampfeinsätze zur Friedenserzwingung sind grundsätzlich abzulehnen, auch dann, wenn sie auf einem Mandat des UN-Sicherheitsrats nach Art. 42 der UN-Charta beruhen. Solche Einsätze sind immer mit dem unkalkulierbaren Risiko behaftet, den Gewaltkonflikt weiter zu eskalieren. Außerdem besteht die Gefahr, dass die bei den Einsätzen auftretenden „Kollateralschäden“ die ursprünglich dem Konflikt geschuldeten Schäden und Opfer noch übersteigen.

• Für die Bundesrepublik heißt das, die Transformation der Bundeswehr zu einer weltweit einsetzbaren Interventionsarmee zu stoppen und rückgängig zu machen und auch die Militarisierung der Europäischen Union nicht weiter zu verfolgen.

• Beendet werden muss ferner der sog. Krieg gegen den Terror, den die USA nach den Anschlägen des 11. September 2001 proklamiert haben und den die NATO seither u.a. in Afghanistan führt. Terroristen sind als Kriminelle zu behandeln, d.h. sie sind Angelegenheit der nationalen und internationalen Ermittlungs-, Polizei- und Justizbehörden, denen ausreichende rechtsstaatliche Mittel zur Verfügung gestellt werden müssen und die zur Wahrung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit verpflichtet sind (vgl. Strutynski 2008). Die Art und Weise, wie der „Krieg gegen den Terror“ geführt wird, erfüllt seinerseits oft den Tatbestand des Terrorismus, wird hier doch kriegsvölkerrechtswidrige Gewalt ausgeübt mit dem Ziel, die Bevölkerung durch Verbreitung von Schrecken und Willkür zu beeinflussen.

Den kompletten Text finden Sie im Internet auf der Seite:

http://www.wissenschaft-und-frieden.de/seite.php?dossierID=064

Das Dossier erschien in: Wissenschaft & Frieden 1/2009, Die Zeitschrift Wissenschaft & Frieden ist zu beziehen bei:
BdWi-Verlag, Gisselberger Str. 7, 35037 Marburg, Tel. 621/21395; e-mail: bdwi@bdwi.de

Dr. Dieter Deiseroth, Richter am Bundesverwaltungsgericht

Ist die NATO ein Verteidigungsbündnis oder ein "System gegenseitiger kollektiver Sicherheit"?

Galt die NATO jahrzehntelang unbestritten als Militärbündnis, so finden sich in jüngerer Zeit sowohl in der öffentlichen wie in der juristischen Diskussion zunehmend Positionen, die der NATO - ähnlich wie den Vereinten Nationen - den Charakter eines Systems gegenseitiger kollektiver Sicherheit zuschreiben wollen.

Dr. Dieter Deiseroth, seit 2001 Richter am Bundesverwaltungsgericht, zeigt, dass es sich dabei um eine rechtshistorisch unhaltbare und politisch bedenkliche Interpretation handelt. Er argumentiert u.a.:

„Der wichtigste Unterschied zwischen einem „System kollektiver Verteidigung „ (Verteidigungsbündnis) und einem „System kollektiver Sicherheit“ ist, dass sie auf zwei entgegen gesetzten Grundkonzeptionen von Sicherheitspolitik beruhen. Das Grundkonzept von Verteidigungsbündnissen basiert auf Sicherheit durch eigene Stärke und die Stärke der eigenen Verbündeten. Es ist „partikulär-egoistisch“. Die Grundkonzeption kollektiver Sicherheit basiert hingegen auf der Sicherheit aller potenziellen Gegner durch die Reziprozität innerhalb einer internationalen Rechtsordnung. Es verankert die eigene Sicherheit also gerade nicht in der relativen Schwäche und Unterlegenheit des potenziellen Gegners, sondern in der gemeinsamen Sicherheit. Dem liegt die Vorstellung zugrunde, dass die eigene Sicherheit zugleich auf der Sicherheit des potenziellen Gegners beruht.“

Den kompletten Text finden Sie im Internet auf der Seite:

http://www.uni-kassel.de/fb5/frieden/themen/NATO/deiseroth2.html

Der Beitrag erschien ursprünglich in: Wissenschaft & Frieden 1/2009, S. 12-16

Die Zeitschrift Wissenschaft & Frieden erscheint vier Mal im Jahr und ist zu beziehen bei:

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